Dienstag, 26. September 2023, Tölzer Kurier (TK) / Lokalteil
18 Karikaturen über Demenz versteigert
Erfolgreicher Abschluss der Ausstellung „Demensch“ – Gewinn fließt in Arbeit mit Erkrankten – „Barrieren abgebaut“
Bad Tölz/Wolfratshausen – Zum Abschluss der Bayerischen Demenzwoche kann sich die Tölzerin Ute Reuter über einen großen Erfolg freuen. Die von ihr initiierte Ausstellung „Demensch“ im Museum Wolfratshausen zog viele Besucher an und brachte bei der Finissage am Sonntag auch noch eine ordentliche Spendensumme ein. Das Geld fließt in die Arbeit des Tölzer Fördervereins „Alt und selbständig“ mit Demenzerkrankten.
Wie berichtet, wurden in der Ausstellung Karikaturen des in Schäftlarn lebenden Künstlers Peter Gaymann gezeigt, die das Thema Demenz auf humorvolle Weise behandeln. Veranstalter war der Seniorenbeirat des Landkreises, die Organisation lag bei Ute Reuter, die auch Mitglied von „Alt und selbständig“ ist. Seit 2022 stellt sie zusammen mit Kreisbäuerin Ursula Fiechtner Nachmittage auf dem Bauernhof für Demenzkranke und deren Angehörige auf die Beine.
Nachdem die Ausstellung elf Tage zu sehen war, wurden die Karikaturen nun bei der Finissage versteigert. Gekommen waren etwa 40 Interessierte. Als Versteigerer fungierte der Wolfratshauser Wiggerl Gollwitzer. „Der war einfach spitze, es gibt keinen Besseren“, lobt Ute Reuter. So entwickelte sich um manche Bilder ein regelrechter Bieter-Wettstreit. Vom Startpreis von 100 Euro ging es in einem Fall hinauf bis 300 Euro. Insgesamt wurden 18 Karikaturen verkauft. Laut Reuter summierten sich die Einnahmen inklusive Spenden an diesem Abend auf 2325 Euro. „Ich war so richtig erleichtert“, sagt Reuter. Unterm Strich bleibe nun nach Abzug der Kosten für den Kauf der Bilder ein deutlicher Gewinn, der der Arbeit mit Demenzkranken und deren Angehörigen zugute kommt.
Mindestens genauso wichtig ist der Tölzerin aber, dass die Botschaft der Ausstellung ankam. „Wir haben unser Ziel erreicht, das Thema Demenz aus der gesellschaftlichen Tabuzone herauszuholen und Barrieren abzubauen“, so Ute Reuter. Demenz sei „immer noch ein Schreckgespenst der modernen Leistungsgesellschaft“. Der humorvolle Umgang damit baue Ängste vor der Krankheit und Berührungsängste gegenüber den Betroffenen ab. „Das ist ein Beitrag zu einem würdigen Leben mit der Krankheit für Erkrankte und Angehörige.“
In der Ausstellung, die Ute Reuter zufolge jeden Tag „sehr, sehr gut besucht“ war, seien immer wieder Menschen vor den Bildern gestanden und hätten herzlich gelacht. „Und einige haben auch gesagt: Diese Situation kenne ich von zu Hause.“ ast
Freitag, 15. September 2023, Isar-Loisachbote / Lokalteil
Humor und Hoffnung als Heilmittel
Vernissage zur Ausstellung „Demensch“ lockt zahlreiche Besucher ins Museum am Untermarkt
Wolfratshausen – Die Bilder regen zum Lachen und Nachdenken gleichermaßen an: alte Männer, die in bunten Schlafanzügen auf die Straße gehen, am Spielplatz auf eine Kinderrutsche steigen oder im Dialog mit der Ehefrau wichtige Jahreszahlen vergessen. Zu sehen sind die Zeichnungen des Schäftlarner Künstlers Peter Gaymann derzeit im Wallner-Bockhorni-Kabinett des Museums am Untermarkt 10.
Zur Vernissage am Mittwochabend lud der Seniorenbeirat des Landkreises Bad Tölz-Wolfratshausen den Demenz-Experten Professor Dr. Rüdiger Ilg von der Tölzer Asklepios-Klinik ein. Sein Fachvortrag vermittelte Hoffnung für Betroffene und pflegende Angehörige. „Demenz ist eine Erkrankung, die für viele immer noch mit Scham behaftet ist“, gab Hermann Lappus zu bedenken. Der Seniorenbeiratsvorsitzende plädierte in seiner Ansprache für mehr Verständnis und einen offenen Umgang mit Erkrankten. Ute Reuter vom Tölzer Verein „Alt und selbstständig“ sieht das genauso und initiierte die nun zu sehende Ausstellung. „Wir müssen die Menschen mehr für diese Krankheit sensibilisieren und in die Öffentlichkeit gehen“, forderte sie. Die Bilder von Gaymann haben ihr sofort gefallen: „Humor kann ein Mittel sein, um mit Demenz besser umzugehen.“
Hintergrundwissen zum aktuellen Stand der Forschung lieferte Professor Dr. Rüdiger Ilg. Der Chefarzt der Neurologie der Asklepios-Stadtklinik schätzt, dass derzeit rund 1,8 Millionen Menschen mit Demenz in Deutschland leben, im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen sind es rund 2700. „Aufgrund des demografischen Wandels werden sich diese Zahlen bis zum Jahr 2050 wahrscheinlich verdoppeln“, befürchtet der Experte. Als typische Symptome nannte er eine gestörte Merkfähigkeit, plötzliche Orientierungsschwierigkeiten oder Sprachprobleme.
Nachdem in den vergangenen Jahren mehrere Wirkstoffe zur medikamentösen Behandlung der Alzheimer-Krankheit getestet wurde, erscheine vor allem der Antikörper-Wirkstoff „Lecanemab“ vielversprechend. Er könne die Ablagerungen im Gehirn, die mit der Zerstörung der Nervenzellen in Verbindung gebracht werden, beseitigen. Das Problem: Das Medikament ist bisher nur in den USA zugelassen und obendrein recht teuer. „Die Behandlung kostet pro Jahr etwa 26 500 Dollar“, so Ilg. Damit es erst gar nicht zu einer Erkrankung kommt, empfahl der Arzt zur Aufrechterhaltung der kognitiven Reserven eine gesunde Lebensweise und stetige Bildung. „Der Besuch dieser Ausstellung ist da schon mal ein guter Anfang“, versicherte Ilg lachend. In der anschließenden Diskussionsrunde forderte Dieter Käufer, Vorsitzender der Alzheimer Gesellschaft Isar-Loisachtal, die Errichtung von Gedächtnis-ambulanzen im Landkreis. Sie sollen eine umfassende Diagnostik, Beratung und Behandlung für Patienten und Risikopersonen gewährleisten.
Wer eines oder mehrere Bilder der Ausstellung käuflich erwerben will, hat dazu im Rahmen der Finissage mit Versteigerung am Sonntag, 24. September, ab 17 Uhr die Gelegenheit. Gleichzeitig besteht die Möglichkeit, dem Zeichner Peter Gaymann bei der Anfertigung von zwei Bildern über die Schulter zu schauen. ph
Info
Die Ausstellung „Demensch“ im Museum am Untermarkt 10 läuft bis Sonntag, 24. September, und ist zu folgenden Öffnungszeiten zu besuchen: Mittwoch/Freitag/Samstag: 10 bis 16 Uhr; Donnerstag: 10 bis 17 Uhr; Sonntag: 14 bis 17 Uhr. Finissage mit Versteigerung am Sonntag, 24. September, um 17 Uhr.
Mittwoch, 13. September 2023, Isar-Loisachbote / Lokalteil
Lachen über Demenz ist erlaubt
Ute Reuter will mit Karikaturen-Ausstellung neue Perspektiven auf die Krankheit eröffnen
VON ANDREAS STEPPAN
Wolfratshausen – Ein eigentlich ernstes Thema wird mit Humor und Leichtigkeit betrachtet: Das ist das Prinzip der Ausstellung „Demensch“, zu der der Seniorenbeirat des Landkreises ins neue Museum Wolfratshausen am Untermarkt 10 einlädt. Gezeigt werden Karikaturen von Peter Gaymann. Der Künstler aus Schäftlarn ist deutschlandweit für seine gezeichneten Hühner bekannt. Hier aber nimmt er sich des Themas Demenz an. Initiatorin der Ausstellung ist Ute Reuter, Mitglied des Tölzer Fördervereins „Alt und Selbständig“. Die Tölzerin organisiert seit 2022 zusammen mit Kreisbäuerin Ursula Fiechtner Nachmittage auf dem Bauernhof für Demenzkranke und deren Angehörige. Im Interview berichtet Ute Reuter, wie es zu der Ausstellung kam.
Frau Reuter, ist Demenz ein Thema zum Lachen?
Demenz ist eine Krankheit. Doch auch wenn man krank ist, muss man nicht immer nur traurig sein. Humor kann ein starkes Mittel sein, um mit dem Thema umzugehen. Er kann neue Perspektiven eröffnen sowie Verständnis und Mitgefühl. In den Karikaturen stellt Peter Gaymann die Alltagssituationen so liebevoll dar, dass man nie den Eindruck bekommt, dass sich der Künstler über die Krankheit lustig macht.
Wie entstand die Idee zu der Ausstellung?
Ich finde es sehr wichtig, dass eine Erkrankung, die oft mit Angst, Sorge und Scham behaftet ist, eine neue Sichtweise erhält. Als ich davon gehört habe, dass der Künstler Peter Gaymann Cartoons über Alltagssituationen von Demenzerkrankten zeichnet, wollte ich eine Ausstellung organisieren, um diese Perspektive in die Öffentlichkeit zu bringen. Mit Hilfe von Spenden – die Sparkasse Bad Tölz-Wolfratshausen war da ganz vorne mit dabei – haben wir dem Künstler Karikaturen für die Ausstellung abgekauft. Einen anderen Teil der Bilder habe ich von der Gemeinde Neuried ausgeliehen, die die Karikaturen auch schon ausgestellt hat. Einen Ausstellungsraum haben wir im Wallner-Bockhorni-Kabinett im Museum Wolfratshausen gefunden.
Wie läuft nun alles ab?
Zur Vernissage am 13. September habe ich alle eingeladen, die im Landkreis mit dem Thema Demenz zu tun haben. Sie zusammenzuführen, kann nur gut sein für die Arbeit für Demenzerkrankte. Zudem habe ich Prof. Rüdiger Ilg, Chefarzt an der Asklepios-Stadtklinik Bad Tölz, für einen Vortrag zum Thema „Demenz – Wo stehen wir?“ gewonnen. Hier geht es auch um den Wandel der Sichtweisen. Früher wurde nicht über Demenz gesprochen, gegenüber der Öffentlichkeit wurde eine falsche Fassade aufgebaut. Heute sollte im Vordergrund stehen, den Betroffenen Würde zu geben. Bei der Finissage am 24. September werden die Karikaturen zu Gunsten der Arbeit mit Menschen mit Demenz im Förderverein Alt und Selbständig versteigert. Als Versteigerer tritt Wiggerl Gollwitzer auf. Peter Gaymann wird anwesend sein und vor Ort weitere Karikaturen anfertigen.
Wer sollte sich die Ausstellung anschauen, wen sehen Sie als Zielgruppe?
Die gesamte Öffentlichkeit. Jeder kann an Demenz erkranken oder im Umfeld damit konfrontiert sein. Die Ausstellung kann ein Beitrag sein, dass wir demenzfreundliche Kommunen bekommen. Zum Glück werden Demenzkranke heute nicht mehr wie früher weggesperrt, aber in der Art, wie die Gesellschaft und öffentliche Stellen mit ihnen umgehen, ist noch ein Umdenken erforderlich. Die Ausstellung soll Verständnis wecken, Türen öffnen und Hoffnung geben.
Haben Sie schon neue Pläne im Bereich Demenzarbeit?
Ja. Unser nächstes Vorhaben ist, unter dem Motto „Sport trotz(t) Demenz“ Sportgruppen für Demenzkranke zu etablieren.
Infos
Die Ausstellung „Demensch“ im Museum Wolfratshausen, Untermarkt 10, läuft von Donnerstag, 14., bis Sonntag, 24. September, und ist zu folgenden Öffnungszeiten zu besuchen: Mittwoch/Freitag/Samstag: 10 bis 16 Uhr; Donnerstag: 10 bis 17 Uhr; Sonntag: 14 bis 17 Uhr. Vernissage ist am Mittwoch, 13. September, um 17 Uhr; Finissage mit Versteigerung am Sonntag, 24. September, um 17 Uhr.
Projekt Mitfahrbank: Angebot soll Fahrt aufnehmen – Initiator plant Belohnung
Drei Jahre sind seit dem Startschuss der Mitfahrbänke vergangen. Das Projekt scheint eingeschlafen – soll im Sommer aber endlich durchstarten.
Bad Tölz-Wolfratshausen – Eine Bank ist eine schöne Sache. Sie taugt zum Schnürsenkel-Binden oder einfach zum Hinsetzen, Ausruhen und auf den richtigen Augenblick zum Weitergehen warten. Einige Sitzgelegenheiten im Landkreis haben aber noch eine weitere Funktion. Wer sich auf einer der Mitfahrbänke im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen niederlässt, will dort meist nicht lange verweilen – sondern per Anhalter mitgenommen werden. 26 Bänke dieser Art sind auf der Webseite des Landratsamts registriert. Seit vier Jahren läuft das Projekt. Doch von einer regen Nutzung ist das Angebot augenscheinlich noch weit entfernt.
„Es ist ein bisschen eingeschlafen“, gesteht der Initiator und Behindertenbeauftragte des Landkreises, Ralf Seifert. Nach wie vor ist er aber überzeugt von dem Ansatz. Er möchte die Zahl der Autos auf den Straßen zu reduzieren. Er rechnet vor: „Fährt nur eine Person als Mitfahrer anstelle mit dem eigenen Auto, halbiert sich der CO2-Ausstoß bei beiden.“ Gründe für die fehlende Nutzung der Mitfahrerbänke findet er in der Corona-Pandemie sowie „Vorbehalten gegenüber dem klassischen Trampen“. Ein Begriff, der vom englischen Wort „Tramp“, übersetzt Landstreicher, stammt. „Es ist immer noch eng behaftet mit Vorurteilen.
Dabei sei nachhaltige Mobilität nur einer der Vorteile, die das Mitfahren bietet. „Es hat auch eine soziale Komponente“, erklärt Seifert. Eine wesentliche Zielgruppe für das Angebot seien ältere Menschen, „die tendenziell auch etwas mehr Zeit mitbringen“. Und eine Fahrt im fremden Kfz kann, falls sich drauf eingelassen werde, auch eine nette Unterhaltung mit sich bringen und mögliche Vereinsamung im Alter mindern. „Da schlagen wir zwei Fliegen mit einer Klappe.“ Dennoch: Von einem durchschlagenden Erfolg sei das Projekt vermutlich noch weit weg. Vermutlich, weil im Gegensatz zu Bussen oder Bahn keine Fahrgastzahlen erhoben werden.
Wie Seifert hofft auch Sabine Gus-Mayer auf einen späten Kickstart des Projekts. „Ich habe zwar nicht wirklich erwartet, dass es ein großer Hit wird“, sagt die Geretsrieder Seniorenbeauftragte. Ältere Menschen seien öfter mit einem Rollator unterwegs. Das stelle mögliche Autofahrer schon vor das erste Problem. „In meinem Auto habe ich wenig Platz für einen Rollator – ganz zu schweigen von Kinderwagen oder Barrierefreiheit.“ Trotzdem blicke sie optimistisch auf die
zwei etwas vereinsamt wirkenden Geretsrieder Mitfahrbänke. Eine dritte in der Nähe des Pflegeheims Gut Schwaigwall sei angedacht. In vergleichsweise ländlicheren Gebieten, „wo jeder jeden kennt“, sehe sie aber das größere Potenzial. Ihre Stadt sei vergleichsweise gut mit den Stadt- und Linienbussen erschlossen. „Und ein Ersatz dafür sind die Mitfahrbänke definitiv nicht.“
Jannis Gogolin, 23.06.2023 Isar Loisachbote